07. August 2015 | Kitwiru
Und die Kinder gingen…
Auch wenn wir uns in Kitwiru ein Kinderdorf für Waisen nennen, ist das Amani Centre Kitwiru jetzt gegen Ende der Schulferien fast vollständig verlassen. Wie kann das sein? Wo sind die 65 Kinder denn hin? Und tatsächlich sind auch noch drei da: Semeni, Emanuel und Neema, zumindest, wenn sie abends vom Ferien-Nachhilfe-Programm aus der Schule zurückkommen. Der Rest ist am ersten Samstag der Sommerferien (die hier eigentlich Winterferien sind, da wir gerade „Winter“ haben) in heimische Gefilde gefahren. Ich bin an diesem Tag im Kinderdorf gewesen, um die Kinder mit in die Ferien zu verabschieden, die Aufbruchstimmung zu erleben und eventuell auch die eine oder andere Person, die zum Abholen kommt, kennen zu lernen. Oftmals haben unsere Kinder nämlich noch irgendwelche Verwandte, Onkel, Tanten, Großeltern, Nachbarn oder sogar noch ein Elternteil, zu denen sie in den Schulferien gehen. Warum sie trotzdem in einem Waisenheim leben? In den Ferien kann für die Kinder „zu Hause“ zwar einigermaßen gesorgt werden, d.h. für ein Dach über dem Kopf ist vorhanden und es hungert keiner, aber die Schulbildung, die in Tansania auch an öffentlichen Schulen kostenpflichtig ist (paradoxerweise gibt es theoretisch auch eine Schulpflicht), kann nicht aufgebracht werden, und meistens haben besagte Verwandte oder Nachbarn schon genug Mühen, ihre eigenen Kinder ausreichend zu versorgen.
So kam es also, dass an diesem Samstag nach und nach alle Kinder das Kinderdorf verließen. Die Großen durften alleine los ziehen, wenn sie denn nicht so weit gehen und fahren mussten und wenn ihre Verwandten bei Mama Lucy bekannt waren. Wenn diese also schon ein anderes Mal vorstellig gewesen sind, konnte Mama Lucy sicher sein, dass die Kinder in einigermaßen stabile Verhältnisse gehen würden. Daher musste z.B. die große Anna noch bis zum nächsten Montag warten, da ihre Tante am Wochenende keine Zeit hatte sie abzuholen und diese Tante bei keinem im Kinderdorf bekannt war.
Die kleineren Kindern durften nicht alleine losziehen und wurden alle abgeholt. Anitas und Jamuhulis Vater kam dafür ganz aus seinem drei Stunden entfernten Massai-Dorf entfernt, um sie abzuholen. Vorher hatten mir die beiden noch schnell die Begrüßungsformel in der Massai-Sprache beigebracht, so dass ich ihn mit begrüßen ging. Mama Lucy und er sprachen noch ein wenig, Mama Lucy scherzte, dass Anita und Jamuhuli doch eine Ziege wieder mitbringen sollten, da sie in den Ferien mit ihrem Vater die Ziegen der Massai hüten würden, und erklärte mir später, dass sie dabei auch die typische Massai-Kleidung tragen und die ganzen Ferien in ihrem Dorf vermutlich wohl kein Wort Kiswahili, sondern nur Massai Sprache sprechen würden. Und dann zogen die zwei mit ihrem Vater auch schon los.
Gegen Mittag waren dann nur noch einige wenige Kinder übrig, die teilweise, wie z.B. Anna, später gehen würden oder erst einmal da bleiben würden, wie z.B. Hope, der gar keine Verwandten hat und nach zwei Wochen mit zu seiner Hausmutter Mama Ndemo gegangen ist, so dass am Ende tatsächlich nur noch drei Kinder übrig geblieben sind.
Aber da die Ferien bald vorbei sind, wird sich das Kinderdorf auch schnell wieder füllen und wieder belebter werden – ich freue mich schon darauf.
Inga Feldmann