24. März 2015 | Freiwilligendienst
Was ist denn hier los? – Sportfest in Kitwiru
Auf einmal sah unser Dorfplatz im Amani Kinderdorf Kitwiru aus wie der neue Schulhof für die große Pause. Lauter Schüler der benachbarten Ipogolo Secondary School hatten den Platz, um den die Kinderhäuser herum gebaut sind und der normalerweise unseren Kindern die Möglichkeit bietet, sich beim Rutschen, Schaukeln, Netball-Spielen oder Karussell-Fahren so richtig auszutoben, am Montag und Dienstag (09. und 10. März) in Beschlag genommen, und zwar, um für das am Mittwoch und Donnerstag anstehende Sportfest mit benachbarten Schulen zu trainieren. Hierzu endete die Schule schon vorzeitig gegen 13 Uhr mittags und die Schüler wurden auf dem Schulhof zusammengetrommelt, um den Trainingsplan zu besprechen. Die Mädchen sollten alle gemeinsam ins Kinderdorf laufen, um dort zu trainieren, und die Jungen auf dem Schulhof bleiben. Es folgte kurzes Gewusel, und dann marschierten in einer langen Prozession aus größeren und kleineren Schülergrüppchen tatsächlich alle Schülerinnen ins Amani Kinderdorf. Dort wurden sie mit großen Augen von den wenigen Kindern empfangen, die zu dieser Zeit im Kinderdorf und nicht selber in der Schule waren. Einige der Kleineren waren von der großen Schülermasse etwas eingeschüchtert, andere wiederum teilten mit Begeisterung ihre Spielgeräte mit den wesentlich älteren Kindern. Denn während sich zwei Teams an unseren Netball Körben übten, entstanden lange Schlangen an der Rutsche und den anderen Spielgeräten. Die vielen Treppen im Kinderdorf dienten für die übrigen Schüler als Tribüne, und neben der Sportlehrerin hatten es sich auch einige andere Kollegen und Pendo, eine Freiwillige aus Korea, nicht nehmen lassen, gemeinsam dieses Spektakel anzugucken. Auch die Mitarbeiter des Kinderdorfs ließen für eine Weile ihre Arbeit ruhen und verfolgten interessiert das bunte Treiben.
Am Dienstag fielen die Mädchen wieder wie eine Ameisenschar im Kinderdorf ein, dieses Mal war jedoch schon ein wenig „Alltag“ eingekehrt, und so kamen zwar wieder alle im Kinderdorf Anwesenden, um einen kurzen Blick auf die Schüler zu werfen, aber die Aufregung von Montag hatte sich doch ein wenig gelegt. Dafür blieb nun ein wenig Zeit, um die Kamera rauszuholen und ein paar Fotos zu schießen. Natürlich blieb das nicht lange unbemerkt, und die Schülerinnen, die eben noch entspannt bis gelangweilt oder müde herum gesessen hatten, waren sofort zur Stelle, um vor der Kamera zu posen und das Fotografieren auszuprobieren; da sind hier doch alle Kinder gleich! Es gibt kaum jemanden, der Fotos nicht mag – Menschen, die sich möglichst immer vor der Kamera drücken, sind hier eine echte Seltenheit.
Nach zwei Tagen Training stand dann also am Mittwoch das große Turnier an. Daran nahmen vier Schulen aus der Region teil, und abgehalten wurde es an der Ruaha Secondary School. Diese Schule liegt in einem Nachbarort von Kitwiru, in etwa auf dem halben Weg zur Stadt Iringa. Um halb 1 wurde also nach der vierten Stunde zum Versammeln auf dem Schulhof geläutet. Es gab eine lange Ansprache und einige Verwirrung sowohl auf Seiten der Schüler als auch der Lehrer, wie denn nun der Nachmittag weiter verlaufen würde, ein paar aufmunternde Worte der Sporttrainer, und dann brach Chaos aus: Die Schüler, die auf dem Weg zu besagter Ruaha Secondary School wohnten, liefen zu Fuß und brachten auf dem Weg noch schnell ihre Taschen und Rucksäcke nach Hause, verschnauften kurz und/oder zogen sich noch schnell ihre Sportsachen unter die Schuluniformen oder wechselten die Schuhe. Einige Schüler liefen direkt zum Veranstaltungsort und nahmen ihre Taschen einfach mit. Wieder andere, die einen noch weiteren Weg nach Hause vor sich hatten, bevölkerten die Daladalas (die hiesigen Kleinbusse), um nach einem Abstecher zu Hause noch pünktlich zum Spiel zu kommen. Und was habe ich getan? Nun, ich bin gemeinsam mit Pendo und einigen unserer Schüler zu Fuß losgelaufen: 3-4 km in der prallen Mittagssonne! Aber da die Schüler eher schlenderten als stramm marschierten, war das kein Problem.
Und dann, kurz bevor wir unser Ziel erreicht hatten, lud uns eine unserer Wegbegleiterinnen noch eben zu sich nach Hause auf ein Glas Wasser ein. Das konnten wir natürlich nicht abschlagen,und so bevölkerten wir mit 5-6 Schülern das Wohnzimmer, während sich besagte Schülerin umzog. Anschließend wurde dann noch der heimische Obstgarten geplündert, damit auch niemand verhungern musste. So gestärkt konnte unser kleiner Trupp also die letzten zwanzig Meter bis zur Schule hinter sich bringen und frohen Mutes den bevorstehenden Spielen entgegen sehen.
Und dann kamen wir an: Die Ruaha Secondary School ist ein Internat, das schon allein durch Tor und Wachmann verrät, dass die Eltern der Schüler eine Menge Geld bezahlen, damit ihre Kinder dort lernen dürfen. Erstaunlich leise, da etwas eingeschüchtert und verunsichert, folgten unsere Schüler ihrer Sportlehrerin zu den Sportfeldern. Und die konnten sich sehen lassen: auch wenn das Gras auf den Feldern recht hoch stand, so besitzt die Schule doch ein großes und ein kleines Fußballfeld, ein Volleyballfeld mit Netz, ein Netballfeld und ein betoniertes Basketballfeld. Zum Vergleich: Unsere Schule besitzt eine Rasenfläche, die als Fußballfeld genutzt wird. Nachdem irgendwann die Schüler aller vier teilnehmenden Schulen eingetroffen waren, konnte es dann beginnen: zur Eröffnung spielten unsere Jungs Fußball. Unsere – die in den schwarz-rosa Trikots. Und sie spielten nicht mal schlecht, zumindest der Begeisterung der Schüler nach.
Anschließend ging es zum Frauenfußball – ja, Frauenfußball in einem konservativen tansanischen Dorf. Auch wenn die Mädels sich mit dem kleinen Feld begnügen mussten, das zudem ein wenig abschüssig lag, und auch wenn sie technisch nicht so gut waren wie die Jungs, haben sie doch alles gegeben. Und sie wurden von ihren Mitschülerinnen sogar noch begeisterter angefeuert als die Jungs. Anfeuern, das hieß in diesem Fall, dass die Mädels am Spielfeldrand gesungen und getanzt haben und etwa jede Minute von einem Lehrer ermahnt wurden, noch einmal einen halben Schritt nach hinten zu gehen, um das ohnehin schon kleine Spielfeld nicht noch weiter zu verkleinern. Witzigerweise wurden nur unsere Schülerinnen so sehr angefeuert. Die Schülerinnen der gegnerischen Star School hielten sich doch sehr bedeckt. Dafür konnte man die Spielerinnen auch ohne Trikots leicht ihren Schulen zuordnen, da an der privaten Star School auch lange Haare erlaubt sind, während unsere Schüler und Schülerinnen ihre Haare sehr kurz halten müssen. Warum sich die Schülerinnen der Star School so mit Anfeuern zurückgehalten haben, weiß man nicht. Jedenfalls hat das Singen und Tanzen unsere Schüler uns einen glatten 3:0-Sieg beschert. Und dann ging es erst richtig los: Alle stürmten, wie schon bei jedem gefallenen Tor, den Platz, tanzten, sangen, grölten, feierten! Das hatte bei den Jungs sehr viel zurückhaltender ausgesehen.