20. September 2014 | Freiwilligendienst
Hochzeit
Am Samstag den 16.09.2014 war ich auf einer Hochzeit eingeladen, bei der die Schwester eines Lehrerkollegens heiratete. Ich hatte die Familie schon am Freitag besucht und kennengelernt und wurde daraufhin eingeladen. Etwas schade war, dass ich nicht auch schon bei der Brautparty dabei gewesen bin, denn dort feiert die Familie der Braut die Braut. Die Hochzeit selber wird von den Eltern des Ehemannes ausgerichtet und ist auch eher für den Ehemann. Das hat man aber bei dieser Hochzeit gar nicht wirklich bemerkt.
Ich machte mich also zu Hause schick, denn dank Aline hatte ich ein angemessenes Kleid und Inga flocht mir meine Haare so stabil, dass sie auch die folgende Pikifahrt überstand. Im Hause der Brauteltern angekommen, gab es zunächst Mittagessen, und wir saßen gemütlich auf dem Sofa, während die Frauen sich überwiegend im Nebenzimmer aufhielten, sich dort hübsch machten und sich um die Braut kümmerten. Da war es ein bisschen schade, dass ich einen Mann begleitete, denn so saß ich halt auf dem Sofa mit den anderen Männern und bekam die Frauen nur gelegentlich mit, wenn sie herauskamen, um sich zu zeigen. Dabei kamen einige auch noch gerade vom Einkaufen, von dem sie Kleidung für die Kinder oder Geschenke mitbrachten. Dann entstand auch noch eine Diskussion, denn für die große Feier am Abend in der Hall braucht man eine Einladungskarte, die auch Geld kostet. Und von diesen händigten die Eltern des Bräutigams der Familie viel zu wenig aus, so dass am Anfang nicht nur ich, sondern auch viele der extra angereisten Familienmitglieder keine Karte hatten. Nach einigen Telefonaten war das dann später aber auch geklärt. Für die Familie der Braut war die Hochzeit ein großes Familienfest, zu dem alle Verwandten auch aus Dar es Salaam oder Arusha anreisten. Das ist auch in Tansania etwas besonders, wie mir Ima (mein Lehrerkollege) erzählte, und das hat mich sofort an unsere Familie erinnert. J So gegen ein Uhr kamen dann endlich die Autos und es ging los zu Kirche. Es wurden große teure Autos mit Fahrern, wovon auch viele Frauen waren, gemietet und mit Blumen geschmückt. Die Hinfahrt zur Kirche lief dabei noch sehr ruhig ab. Dort angekommen nahm mich eine der Cousinen an die Hand und wir suchten uns einen schönen Platz in der Kirche. Die Kirche glich eher einem Gemeindehaus, war aber von innen schön mit einfarbigen Tüchern und ein paar Luftballons geschmückt und hatte gemütliche Plastikstühle. Allerdings haben nicht alle Besucher einen Platz gefunden, die dann draußen meist an den Fenstern standen. Drinnen spielte schon die ganze Zeit Musik, einer spielte Keyboard und drei Mädels sagen ins Mikro. Die Musik war sehr laut, denn es gab große laute Boxen in dem kleinen Saal, aber alle haben mitgesungen, getanzt und geklatscht. So war die Feier schon richtig im Gange bevor das Brautpaar überhaupt dazu kam. Da die Kirchenlieder sehr einfach und mit vielen Wiederholungen sind, konnte ich super mitmachen. Dann zog das Brautpaar in die Kirche ein.
Voran gingen süße Blumenmädchen ohne Blumen, dann folgte das Brautpaar, daraufhin die Trauzeugen und dann drei Jungs, sozusagen die Blumenmädchen in männlich und etwas älter. Der Einzug wurde von Jubelrufen der Besucher begleitet. Der Einzug, der Gottesdienst und eigentlich der ganze Hochzeitstag wurden dauerhaft von zwei Männern mit Videokameras und einem professionellen Fotografen begleitet, wobei gerade die Kamera zeitweise etwas irritierte. Dann begrüßte zunächst eine Frau aus der Gemeinde uns, und anschließend folgte eine zweistündige Predigt ohne jegliche musikalische oder zeremonielle Einschübe. Dafür redete der Pastor umso erregter, lauter und mit vielen Gesten, so dass die eh schon zu laut eingestellten Lautsprecher gefühlt an ihre Grenzen kamen. In der Predigt ging es unter anderem um Monogamie und wie wichtig diese ist, aber viel mehr habe ich auch nicht verstanden. Endlich kam es dann zum zeremoniellen Teil des Gottesdienstes, und die Ringe wurden überreicht. Begleitet von einem Lächeln und einigen Worten steckten sich Braut und Bräutigam gegenseitig die Ringe an die Finger.
Dann folgte ein Ehevertrag, der auch von den Trauzeugen unterschrieben und später feierlich zusammengerollt wurde.
Es folgten noch zwei Lieder, die dieses Mal aber von älteren Frauen gesungen wurden, und der Segen wurde gesprochen. Anschließend zog das Ehepaar mit den gleichen Begleitern wieder aus der Kirche aus. Dieses Mal begleiteten es lautere und mehr Jubelschreie, es wurden Tücher geschwungen und dem Brautpaar auch mehrere Kangas auf den Boden gelegt, über die sie dann schreiten konnten.
Draußen wurde dann die Aufmerksamkeit schnell auf die geschmückten, großen, teuren und extra gemieteten Autos gelenkt. Das Brautpaar stieg in eins, und es wurden Fotos von dem Auto und dem Brautpaar gemacht.
Langsam stiegen alle in die angemieteten Autos oder auch Daladalas, und ich wurde aus dem Daladala, in das ich mit einer der Cousinen gestiegen bin, wieder herausgeholt und durfte daraufhin im Auto der Brauteltern mit den Geschwistern mitfahren. Das war genial, denn so waren wir in der langen Autoschlange das dritte Auto. Der langen Autoschlange fuhren eine Art Pick-up mit DJ und großen Boxen, die uns die ganze Zeit beschallten, und noch eine Art Pick-up, mit einem ganzen Videoteam voraus. Dann kam das Auto des Hochzeitspaares, das Auto der Trauzeugen, und zeitweise folgte daraufhin dann auch schon unser Auto. Hinter uns fuhr dann noch eine große Autokolonne, u.a. mit gemieteten Dalas (also Kleinbussen). So ging es mit lauter Musik durch die gesamte Stadt, jede Seitenstraße wurde abgefahren, und um die zwei Kreisel in der Stadt wurden gleich mehrere Runden gedreht. Das alles brachte sehr sehr viel Spaß. Zunächst sind wir mit allen zu einem Hotel gefahren, bei dem es schöne Rasenplätze mit Tierstatuen gibt und ein Stück Aussicht auf die Berge. Hier wurden nun alle Fotos der gesamten Familie in unterschiedlichen Konstellationen geschossen. Auch ich war bei vielen Bildern der Brautfamilie mit dabei, und es sind wirklich schöne dabei herausgekommen. Allerdings war der Hintergrund nun nicht so einzigartig, denn eigentlich waren auf jedem Bild die Häuser des Hotels zu sehen. Dennoch ist dieser Ort eine beliebte Lokation für Hochzeitsbilder, denn als wir kamen, ist eine andere Hochzeitsgesellschaft gefahren und die nächste kam auch schon, während wir noch da waren. Außerdem wurde für die halbe Stunde Fotografieren ca. 25€ bezahlt, was in Tansania recht viel ist.
Dann ging es in der schon etwas aufgelösten Autokolonne zunächst wieder zum Haus der Brauteltern für die Familie der Braut. Da haben wir uns dann zwei Stunden ausgeruht, etwas getrunken und uns unterhalten. Die Pause habe ich auch wirklich gebraucht und es war sehr gemütlich, mit allen zusammen zu sitzen. In der Zeit sind auch noch die letzten Verwandten aus Dar es Salaam angekommen, die am Freitag noch arbeiten mussten.
Um 19 Uhr wurden wir dann wieder von den großen Autos abgeholt und zur Hall gefahren. Dort angekommen, wurde ich dann wieder herzlich von einer Tante an die Hand genommen, ein paar Leuten vorgestellt und dann ging es auch schon rein. Der erste Eindruck war atemberaubend. Eine riesige Halle, von denen beiden Seiten mit Tischen und Stühlen, die mit weißen Überwürfen versehen waren und an denen mindestens 200 Leute passten, ich denke eher mehr. Die Decke war mit weiß blinkenden Lichterketten verziert und mitten durch die große Halle führte ein roter Teppich mit Blütenblättern, der seitlich mit Stangen mit Blumensträußen oben drauf geschmückt war und an dessen Anfang eine Schnur in rosa gespannt war. Vorne war dann eine Bühne mit den Plätzen des Brautpaares und der Trauzeugen mit ganz vielen farbigen und blinkenden Lichterketten und einem großen Tortenhalter mit mehreren Torten. Außerdem hingen an jeder Seite zwei große Bildschirme, auf denen entweder per Liveübertragung das Geschehen der Hochzeit gezeigt wurde oder die entstandenen Filme aus der Kirche und von der Fahrt.
Beim Hineingehen bekamen wir dann ein bedrucktes Stofftaschentuch mit den Namen und dem Trauspruch des Brautpaares. Wir nahmen unsere Plätze ein und bedienten uns an dem reichhaltigen Angebot von Soda, Bier und Säften, die auf den Tischen standen. Dann kam der Moderator nach vorne, der vor allem im Laufe des Abends auch sehr nervig wurde und kündigte das Paar an. Zunächst kamen dann die Blumenmädchen und Jungen, stellten sich vorne auf und es wurden Fotos gemacht.
Dann kam auch schon das Brautpaar und musste zunächst unter Jubelrufen das Band gemeinsam durchschneiden. Auf ihrem Weg Hand in Hand wurden sie von den Trauzeugen begleitet und der Rest der Gäste stand am Rand oder an den Tischen und wedelte mit den Taschentüchern. Das war ein sehr beeindruckender Moment, als die ganzen Gäste aufstanden und mit ihren Tüchern wedelten.
Nach einer kurzen Begrüßung kam dann schon die erste Aktion: Sektflaschen öffnen. Dazu wurden zwei Frauen und zwei Männer nach vorne geholt und ihnen jeweils eine Flasche Sekt gegeben. In den folgenden fünf Minuten schüttelten sie diese tanzend, um sie dann mit möglichst viel herausspritzendem Schaum zu öffnen. Dann wurde dem Brautpaar und den Trauzeugen sowie einigen Gästen mit Gläsern Sekt eingeschenkt und alle anderen hatten ihr Bier und ihre Soda in der Hand. Wir standen um die Tische herum, und der Moderator sagte verschiedene Begrüßungen und Trinksprüche, zu denen wir jedes Mal mit dem gesamten Tisch anstießen, und das wiederholte sich in kurzer Zeit sehr oft. Dann gingen wir Gäste auch nacheinander alle nach vorne, um mit dem Brautpaar anzustoßen, was natürlich auch tanzend erfolgte, wie so vieles im weiteren Verlauf des Abends.
Danach stellte der Bräutigam alle Gäste nacheinander vor, zuerst seine und dann die Familie und Freunde der Braut Dabei wurden immer einzelne Personen oder kleine Grüppchen genannt, die daraufhin aufstanden und winkten. Als die Vorstellung der Familie des Bräutigams beendet war, kam diese nach vorne und tanzten nach einem gemeinsamen „Auf der Stelle tanzen und Beglückwünschen“ zwei traditionelle Tänze ihres Stammes. Das gleiche machte dann auch die Familie der Braut, wozu ich dann ja auch gehörte. Es war toll, dass ich wie selbstverständlich dazu gehörte und so natürlich auch mit nach vorne zum Tanzen musste und das Tanzen der traditionellen Stammestänze hat mir sehr viel Freude bereitet. Insgesamt gab es am Anfang noch ein paar Tänze zur Vorstellung, Beglückwünschung und noch mehr, was ich nicht verstanden habe, und jedes Mal durfte ich mit nach vorne und tanzen, sogar mit der Braut. Da war ich sehr froh, dass ich wenige Hemmungen hab, was das Tanzen angeht.
Die nächste Aktion war dann das Anschneiden des Kuchens. Dieser wurde zunächst vorne unter dem Gerede des Moderators angeschnitten.
Dann ging das Brautpaar mit einem Kuchen zur Familie des Bräutigams, setzte sich da dazu und wurde noch einmal beglückwünscht, glaube ich. Wenig später geschah das gleiche bei der Familie der Braut.
Der Kuchen selber wurde dann aber erst mit dem anderen Essen verspeist. Danach ging es für das Brautpaar wieder nach vorne, wo sie sich dann unter Anleitung des Moderators gegenseitig mit einem Stückchen Kuchen fütterten. Das gleiche machten danach auch die Trauzeugen und dann hieß es wieder auf zum Tanzen.
Anschließend wurden alle Spender und Organisatoren der Hochzeitsfeier, ungefähr 30 an der Zahl, vorgestellt, und das Brautpaar bzw. ein Stellvertreter bedankten sich bei ihnen.
Danach wurden die Geschenke übergeben, und das brauchte Zeit. In kleinen Grüppchen sind die Schenkenden durch den ganzen Saal getanzt, um dann vorne das Geschenk den helfenden Jungs zu übergeben und sich ein Händeschütteln oder eine Umarmung vom Brautpaar abzuholen. Es wurden viele Kitenges und Kangas verschenkt, die aber nicht zusammengepackt in Geschenkpapier übergeben wurden, sondern die Tücher über die Köpfe haltend nach vorne getanzt. Auch gab es Geschirr und Decken, aber das Highlight war eine große Matratze. Das Spektakel der vielen wehenden Tücher war toll anzusehen, und alle hatten viel Spaß dabei.
Danach wurde endlich das Buffet vom Brautpaar eröffnet und das war super. Das Essen was ich da bekommen habe, war bisher das Beste, was ich hier in Tansania gegessen habe. Es gab eine sehr große Auswahl: Hühner- und Rinderfleisch, Würstchen!, sehr lecker gekochte Kartoffeln, Reis, Pilau (Gewürzreis) und sogar Nudeln, dann gab es verschiedene Soßen und Erbsen und zum Nachtisch kleine Stückchen Kuchen und eine Schüssel mit Melone und Beeren. Vom Nachtisch habe ich sogar zweimal bekommen.
Während des Essens haben die drei Jungs spontane Tanzeinlagen vorgeführt, die sehr beeindruckend waren, und dafür Geld bekommen.
Nachdem alle ihre Berge auf den Tellern geleert hatten, gab es den Hochzeitstanz. Da muss ich sagen, bin ich froh, dass wir in Deutschland den Paartanz haben, denn hier standen sich Braut und Bräutigam gegenüber und bewegten sich schüchtern auf der Stelle.
Wir anderen kamen aber schnell hinzu und es wurde daraufhin ausgelassen getanzt, bis der Moderator um kurz nach 12 ankündigte, dass es für das Brautpaar nun Zeit sei, nach Hause zu gehen. Wir Gäste nahmen unsere Plätze wieder ein und das Brautpaar wurde mit Jubelrufen verabschiedet. Danach verabschiedeten sich auch die Gäste langsam voneinander und ich wurde von meinem Lehrerkollegen und seinem Bruder wohlbehütet nach Hause gefahren.
Es war ein unglaublich schöner Tag für mich, und am meisten beeindruckt hat mich dabei nicht die Hochzeit an sich, die natürlich auch total spannend und wunderschön war, sondern wie ich in die Familie aufgenommen wurde. Es haben sich alle super lieb und fürsorglich um mich gekümmert, ich hatte mit den Frauen der Familie sehr viel Spaß bei einigen Unterhaltungen, alle haben sich gefreut, dass ich dabei war. Ich wurde komplett integriert, und hatte nicht einmal das Gefühl, dass ich die Familie erst am Tag zuvor kennengelernt habe. Für diese Erfahrung bin ich sehr dankbar!
Beate Martensen