Die Freiwilligen 2022/23

Ein Sonntagmorgen wie schon einige zuvor in einer schönen Stadt, genannt Iringa, inmitten des tansanischen Festlands. Durchs Fenster unseres neuen Freiwilligenhauses „Kamili“ im Gangilonga-Viertel fällt bereits Tageslicht. Das rege Treiben auf den Straßen erwacht hier allerdings schon vor den ersten Sonnenstrahlen, die über die Berge fallen. Was man auch hören könnte, wäre da nicht die dominante Geräuschkulisse der Kirche auf dem Nachbargrundstück.

Nachdem ich schon wach bin und an Schlaf die nächsten Stunden erstmal nicht mehr zu denken ist, raffe ich mich auf, um eine Tasse Kaffee aufzugießen. Die Temperatur draußen ist zu dieser Uhrzeit noch überaus angenehm, der Himmel wolkenlos und von der anderen Seite der Mauer schallt die enthusiastische, rauchige Stimme des Predigers aus übersteuerten Boxen herüber.

Nach und nach gesellen sich meine Mitfreiwilligen mit einem verschlafenen „GuMo“ und einem Buch, Kreuzworträtsel, einem Heißgetränk oder ähnlichem zu dieser morgendlichen Szene, bis wir alle sieben beisammensitzen. Wir, das sind Nicola, Jule, Julia, Lilly, Henning, Manu und Stevo, die erste Amani-Generation nach der Corona-Pause, die Restart-Generation sozusagen. Drei von uns, Henning, Manu und Stevo, wurden eigentlich schon für die Ausreise im Sommer 2020 ausgewählt, wir anderen kamen dann 2021 frisch dazu. So konnten wir sieben unser Abenteuer nach unterschiedlich langen Wartezeiten am 4. August 2022 von drei verschiedenen Flughäfen aus antreten. Und hier sind wir nun, im Herzen Tansanias.

Unsere Caglieros

Julia

Ein vielseitiges Mitglied unseres Jahrgangs, immer für Überraschungen gut und eine echte Macherin in den verschiedensten Bereichen.

Außerhalb ihrer Arbeitszeiten an der Cagliero Secondary School findet man Julia an vielerlei Orten. Im Kamili beginnt ihr Tag mit einer Tasse Kaffee, welchen sie auf dem Sofa vor der Tür genießt. Ein gutes Buch oder kniffliges Kreuzworträtsel darf dabei natürlich nicht fehlen. Mit dem Rätselspaß steckt sie oftmals auch ihre Mitfreiwilligen an. Neben dem allmorgendlichen Aufbrühen des aufmunternden, schwarzen Elixiers steht die 19 Jahre junge Münsterländerin noch zum Kochen und Backen gern in der Küche. Dort weiß Dada Julia sehr gut (bzw. sehr wohl) mit Schärfe umzugehen. Einerseits darf in jedes Gericht ein guter Schlag Pilipili rein, andererseits hat sie daran gedacht, Messer nach Tansania zu bringen, die etwas schneiden. Im Kamili-Backofen entstehen wiederum immer mal wieder Laugengebäck, Kuchen oder Brote.

Wenn wir dann alle zusammen das Ergebnis ihrer Kochkünste genießen, kann man mit Julia über jedes Thema sprechen, sowohl in humorvollen Dingen herzhaft mit ihr lachen, als auch in ernsteren Angelegenheiten sachlich diskutieren oder sich einen gut gemeinten Rat holen. Vorsicht sollte man nur walten lassen, wenn Schalke schlecht gespielt hat. Davon kann Manu ein Lied singen.

Alles in allem ist dieser liebenswerte Blondschopf ein besonderer, junger Mensch, der viel gute Stimmung in unsere Gruppe bringt und übrigens mit einer Häkelnadel ebenso gut umzugehen weiß wie mit dem Küchenmesser,…vorausgesetzt es ist genug Wolle im Haus.

Tansanisches Lieblingsessen: Chapati von Mama Mariam

Lieblings-Bongoflava-Song: The Rapture PT.3 von Black Coffee (kein Bongoflava, aber Afrobeat)

Henning

Dieser junge Mann bildet mit seinen 22 Jahren die andere Hälfte der Caglieros. Zusammen mit Julia hütet er in der Abwesenheit der anderen Freiwilligen Haus, Garten und auch Katzen.

Henning ist ein Multitalent in vielen Bereichen, aber unter anderem in Sachen Sport. So geht er wöchentlich zum Touch-Rugby und zum Volleyball etwas außerhalb der Stadt und hat in beiden Sportarten an Turnieren mitgewirkt. Für das Touch-Rugby-Tournament ging es sogar bis nach Dar es Salaam. Aber auch zuhause bleibt die Fitness nicht auf der Strecke. So war einer der ersten Aufträge an die Schreiner, ein Hangboard für Klimmzüge zu bauen. Doch nicht nur im sportlichen Gebiet weiß er sich zu behaupten. Auch Wikingerschach, Schach und eine Riesenauswahl an Karten- und Brettspielen meistert er mit links.

Im Garten hinter dem Haus pflegt der junge Münsteraner mit Julia und Stevo hin und wieder die Pflanzen, und in den Beeten experimentiert er mit der Aussaat von Gemüse, wobei er oft seinen grünen Daumen beweist.

Kaka Hennings Künste liegen zu unser aller Wohl beim Zubereiten von Desserts wie Brownies oder seiner legendären Herrencreme. Zudem ist er ein hervorragender Ansprechpartner für wirklich gute Filme und spaßige Gruppenspiele. Das wahrhaft einzige, was man über sich ergehen lassen muss, sind die schlechten Wortwitze. Daran gewöhnt man sich aber nach einem Jahr, das könnt Ihr mir glauben.

Tansanisches Lieblingsessen: Pilau

Lieblings-Bongoflava-Song: Cough (Odo) von Kizz Daniel

Die Kitwirus

Nicola

Ebenfalls aus Münster kommend ist Nicola der Ruhepol unserer Gruppe und eine exzellente Anlaufstelle für Arznei aller Art.

Kurz nach Erwachen pflegt diese warmherzige 19-Jährige den Tag mit Yoga zu beginnen, wobei sie sich durch nichts und niemanden aus der Ruhe bringen lässt. Allgemein ist sie die Person, die oft die nötige Ruhe in vielerlei Situationen einbringt.

Wie Julia backt auch Dada Nicola überaus gern. Wenn sie mal nicht selbst das Essen kocht, gibt es von ihr immer ein ofenfrisches Brot als Beilage. Aber nicht nur ihrer Backfreude wegen verbringt sie Zeit in der Küche, nein, auch wenn die Unordnung mal wieder überhandnimmt, wird alles gespült und aufgeräumt. Es kam auch schon vor, dass wir sie davon abgehalten haben, …unter Widerspruch! Ein echt fleißiges Arbeitstier!

Abends ist sie bei Karten- oder Brettspielen eine sehr gesellige Mitspielerin. Während dieser Partien mit einem Tee, einer Wärmflasche und gegebenenfalls einer Decke am Tisch sitzend, füllt ihr herziges Lachen oft unser Wohnzimmer. Zu späterer Stunde, wenn manche noch ins Nachtleben Iringas aufbrechen, zieht es Nicola eher unter die warme Bettdecke. Nicht selten ist sie aber für Überraschungen gut.

Ja, die bezaubernde Art dieser jungen Dame liegt uns sehr am Herzen, ihre Lebensfreude, das Talent zum Lösen verspannter Rückenmuskulatur und immer ein offenes Ohr. Und unter uns: ich wette, in der Geschichte Amanis gab es noch nie eine so umfangreiche Reise-Apotheke. #globuli!

Aber nicht nur uns ist sie sehr ans Herz gewachsen, sondern besonders den Kindern in ihrer zweiten Heimat, dem Kinderdorf in Kitwiru.

Tansanisches Lieblingsessen: Chipsi Mayai

Lieblings-Afrobeat-Song: Sip (Alcohol) von Joeboy

Jule

Die Kleinste von uns sieben, die aber den lebensfreudigsten und größten Charakter hat. Ja, man kann eigentlich schon sagen: Die 19-jährige Züricherin ist unser kleiner Sonnenschein. Zusammen mit Nicola gibt sie Computer-Unterricht an der Ipogolo Secondary School.

Den Kosenamen Sonnenschein hat sie sich wahrlich verdient, denn wann immer man sie sieht, man sieht sie nur mit einem wahnsinnig schönen Lachen im Gesicht. Ein richtiger Wonneproppen. Dada July versteht es wie niemand sonst Schwung und gute Vibes in die Gruppe zu bringen. Ist man mal betrübt, stürzt sich die manchmal etwas charmant Verrückte auf einen und schwupps, die schlechte Laune ist verflogen! Außerdem kann man wahnsinnig gut mit ihr über alles plaudern, da sie still zuhört und am Ende immer ein passendes Wort findet.

Was Jule selbst schnell in Schwung bringt, ist Musik. Vor allem beim Bongo Flava in Iringa legt diese Dancing Queen mit einer bemerkenswerten Eleganz eine flotte Sohle aufs Parkett und steckt Umstehende mit ihrem Tanzfiber an.

In ruhigeren Momenten greift diese sie ganz gern zu einem guten Werk der Literatur und liest über mehrere Stunden. Ein Buch in einer Woche ist kein Problem.

Alles in allem ist Dada July wirklich ein Energiebündel der Fröhlichkeit, die in allerlei Situationen komplett unerwartet lustige Sprüche in den Raum wirft, manchmal in perfektem Schweizerdeutsch, Schwizerdütsch oder was auch immer…

Tansanisches Lieblingsessen: Chapati

Lieblings-Bongoflava-Song: BAR – Nviiri the storyteller

Zu guter Letzt, unsere Kilolos

Lilly

Die ebenfalls 19-jährige Lilly (eigentlich Elisabeth, aber das hört sie nicht so gern) kommt gebürtig aus Heidelberg, wohnt aber in Würzburg, so wird sie gerade so von unseren beiden Augsburger Schreinern als ein Teil des Bayern-Trios akzeptiert.

Lilly unterrichtet Englisch an der Hill Side Secondary School unweit des Amani Centre in Kilolo. Die Zeit, die sie außerhalb der Unterrichtszeiten im Kinderdorf ist, verbringt sie nur zu gern mit den Kindern dort. Da werden Bastel- und Malaktionen veranstaltet oder auch mal der Nachhilferaum mithilfe der Schreinerjungs in ein Kino verwandelt, auf dessen Lein(tuch)wand dann Perlen des Disney-Universums flimmern. Nach getaner Bespaßungsarbeit verweilt sie letztendlich im Bett und liest ein gutes Buch.

Zudem ist Dada Lilly eine Hundeflüsterin, denn nicht nur die zwei süßen Welpen Soksi und Fupi mit ihrer Mutter Simba in Kilolo, sondern auch jeder andere Hund, fühlt sich wohl in ihrer Obhut.

An den Wochenenden zuhause im schönen Iringa ist die Würzburgerin immer für Feierabende zu begeistern, sei es im Kamili selbst oder in einem der zahlreichen Clubs, die die Provinzhauptstadt zu bieten hat. Dort wird dann wild getanzt, bei örtlichen Karaoke-Abenden mitgegrölt oder mit den freundlichen Tansaniern neue Freundschaft geknüpft.

Man kann sagen, Lilly ist eine sehr aufgeschlossene Person, die sowohl ihre Einsatzstelle als auch das Stadtleben ins Herz geschlossen hat. Außerdem kann man, wenn man aufgrund unzureichender Kiswahili-Kenntnisse mal nicht weiter weiß, immer auf dieses wandelnde Wörterbuch zurückgreifen.

Tansanisches Lieblingsessen: Pilau und guuute Kochbananen

Lieblings-Bongoflava-Song: Puuh – Billnass, Jay Melody

Manu

Kaka Manuel, 24 Jahre, von Beruf Schreiner, Herkunft: Augschburg. Aber nicht nur schnell im Umgang mit Stichsäge und Oberfräse, sondern der Flash der Restart-Generation.

Warum denn Flash? Nun, Manuel kann fast nichts vom Joggen abhalten. Früh morgens schlüpft er in seine Laufschuhe und macht erstmal Kilometer. Je mehr und schneller, desto besser. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit ist er auf den Wegen rund ums Amani Centre in Kilolo Tag für Tag unterwegs. Ein Traum wurde für ihn wahr, als er nach langem, ehrgeizigen Training für den Kilimanjaro Half Marathon nach Moshi gefahren ist. Die 21km lief er ohne Probleme, dafür mit umso mehr Spaß. Das war aber nur einer von mehreren Läufen in Tansania. Was ihn allerdings noch mehr begeistert als Joggen, ist zweifelsohne Fußball. Er selbst ein leidenschaftlicher Spieler und der FCA der einzig wahre Verein. Die Liebe zu den Augsburgern trifft zuhause im Kamili jedoch häufig auf Widerworte und führt teilweise zu Experten-Diskussionen mit Henning und Julia. Für tansanische Kinder ist seine Begeisterung für Fußball wiederum ein großer Segen, ob im Kinderdorf, an der Hillside oder in Iringa selbst.

Ein weiteres großartiges Talent von Kaka Manu, das uns schon vom Vorbereitungsseminar an begleitet, ist es, nie rechtzeitig fertig zum Aufbruch zu sein. So hält sich sehr hartnäckig und humorvoll die Frage des Jahres: Wo ist Manu?

Ja, unser Manumehl ist eine granitharte Persönlichkeit mit einem weichen Kern. Außerdem ist es immer gut ihn, unter sich zu haben, wenn man beim Essen seine Portion nicht packt. Mit der Ausnahme, es ist gut gewürzt. In diesem Fall wechselt seine Gesichtsfarbe schnell zu einem kräftigen Rot.

Tansanisches Lieblingsessen: Pilau und Chapati bei Mama Mariam

Lieblings-Bongoflava-Song: Ayra Starr – Rush

Stevo

Das älteste Modell unserer Generation. Mit seinen 25 Jahren und einem ungefähr ähnlich alten Musikgeschmack bildet der ebenfalls aus dem Landkreis Augschburg kommende Schreiner den dritten Teil des Kiloloschen Bayern-Trios.

Stevo, dem nach einer sehr verrückten Haarschnitt-Aktion schnell der Spitzname Kaka Kuku verliehen wurde, ist im Gegensatz zu seinen beiden männlichen Mitfreiwilligen weniger der sportliche, als viel mehr der kreative Typ. Was man zügig merkt, wenn man sein Zimmer in Kilolo betritt, in welchem er malerisch eine Wand „umdekoriert“ hat. Was Kunsthandwerk angeht, ob mit einem Schnitzmesser oder dem Bleistift, hat er schon manches im (Farb)kasten. Wo wir gerade von Messern sprechen: wenn man im Kamili ein gleichmäßiges metallisches Kratzen vernimmt, ist davon auszugehen, dass Stevo mal wieder die Schnitthaltigkeit unserer Küchenmesser auf Vordermann bringt.

Einen messerscharfen Verstand bringt der junge Handwerker zwar im Umgang mit Zahlen nicht unbedingt zur Geltung, dafür aber an so gut wie jedem Abend an irgendeinem Pool-Table Iringas. Mit perfekt angespielten Winkeln hat er schon oft die ein oder andere Kugel versenkt und sich den Sieg erspielt und wenn doch mal jemand besser ist, dann bleibt immerhin der Lerneffekt, nicht wahr?

Im Kinderdorf macht es ihm eine große Freude, wenn er mit einem Ballspiel oder Fangen den Kindern eine Freude machen kann. Zum Erreichen dieses Ziels wird unter Umständen auch ein gebrochener Finger riskiert. Hauptsache die Kleinen haben Spaß!

So ist unser braunhaariges Fossil ein vielseitiger Pluspunkt für unsere Gruppe, der für jede verrückte Aktion zu haben ist und – aus welchen Gründen auch immer – immun gegen niedrige Temperaturen zu sein scheint.

Tansanisches Lieblingsessen: Chipsi Kavu na mishkaki

Lieblings-Bongoflava-Song: Gibt’s leider nicht, daher den aktuellen Lieblingssong generell:

November Rain von Guns ’n Roses

Soviel zu uns Freiwilligen. Wen wir aber auf keinen Fall vergessen dürfen, sind unsere drei zum Knuddeln putzigen Hauskatzen. Fangen wir bei Frieda an. Frieda ist die erste Katze, die bei uns einzog. Rotes Fell, ein wenig vernarbt und verwegen, dennoch sehr treu, und wie wir nun wissen, ein Kater. Bald darauf gesellte sich, diesmal wirklich, eine Katze, dazu. Ebenfalls rotes flauschiges Fell und immer in der Nähe von Menschen. Dieses wundervolle Geschöpf wurde mit dem recht wilden Namen Flyicitas getauft, da sie so hoch springen kann.

Irgendwann tauchte dann ein fluffiges, kleines Wollknäuel auf, das von Flyicitas nicht aus den Augen gelassen wird. Nicht größer als eine Handfläche und mit anfangs noch recht unbeholfenen Tapsern, zieht die kleine Amarula Malaika Fox (keine Ahnung wie wir darauf kamen) jeden Tag alle Aufmerksamkeit auf sich. Ihre Neugierde ist unerschöpflich, insbesondere wenn unsere offene Haustür einen ungehinderten Weg ins Innere der Küche freigibt. Außerdem ein unschlagbares Talent im Erklimmen von Menschen (was oftmals mit scharfen Krallen und Schmerz verbunden ist) und im lautstarken Miauen, wenn der Hunger anschlägt. Ein Wollknäuel zum Gernhaben eben!