Die Freiwilligen 2018/19

Die sieben Amanis im neuen Zuhause

Wir haben gerade eine 10-stündige Busfahrt hinter uns und sind ziemlich erschöpft, aber dennoch froh, endlich einmal die verschlafenen Beine wieder strecken zu können. Nachdem wir uns von dem ersten Trubel um den Bus herum befreit haben, kommt wieder das warme, bekannte Gefühl, endlich wieder zuhause zu sein in einem hoch. Mit diesem Gefühl, mit einem Grinsen, und mit schwerem Gepäck laufen wir gemeinsam als riesige Reisetruppe Richtung Nusu, unser neues geliebtes Freiwilligenquartier. Nachdem wir das letzte steile, von Wasserrinnen durchlaufene, Straßenstück (falls man es „Straße“ nennen kann) geschafft haben, stehen wir dann vor unserem Gartentor. Durch die Torgitter kann man, (jetzt nur noch) zwei Hühner durch unseren Garten herumlaufen sehen und vor sich hin gackern hören. Dann kommt uns auch schon ein gold-brauner überglücklicher Hund entgegen, Bilki, quasi das achte Mitglied unserer Wohngemeinschaft, der sicher so sehr freut, dass seine Familie nach ein paar superlangen Wochen doch noch zurückkehrt. Wir begrüßen Bilki mit einer kurzen Kuscheleinheit, bevor wir unsere schweren Rucksäcke in den Eingangsbereich schmeißen und uns erschöpft im Wohnzimmer auf den komfortablen Sofas niederlassen. Dann werden, wie man so schön auf Swahili sagt „einander Geschichten geschlagen“.

Wir sind die erste Generation, die ihre ganze Zeit ihres Freiwilligenjahres im Nusu lebt. Wir sind hier auch sehr zufrieden und haben uns sehr schnell im neuen Haus eingelebt und tolle Erinnerungen geschaffen. Hier haben wir ein zweites Zuhause wie auch eine zweite Familie gefunden. All das auf der anderen Seite der Welt!

Tabea

Oder auch „Tabia“ wie sie von den meisten Tansaniern hier genannt wird. Auf Deutsch „Natur“. Ist die Fotospezialistin unter uns. Wo Tabea ist, ist ihre Kamera nicht weit. Die 18-Jährige Hannoveranerin ist immer bereit für den nächsten Schnappschuss, um die schönen Momente, sowohl in Bild als auch Film, festzuhalten. Von ihren professionellen Aftermovies können wir alle nur profitieren. Neben ihrer Leidenschaft für Bilder, füllte das Handballtraining die restliche Freizeit der Hannoveranerin in Deutschland. Hier in Tansania, tauschte sie ihren Handball gegen den Volleyball ein. Seitdem ist sie jeden Samstag für ein neues Spiel bereit. Dabei liegt ihr viel daran, all die Bekannten wiederzutreffen und freut sich immer neue Leute kennenzulernen. Tabea ist sehr an der Politik und Wirtschaft Tansanias interessiert, was schon zu einigen spannenden und lehrreichen Unterhaltungen führte. Viele Leute trifft sie auch regelmäßig am Sonntag in der Kirche. Zum anschließenden Kaffee und Tee bringt sie gerne eine Kleinigkeit mit. Kuchen oder Wassermelone, alles wird immer ratzfatz verputzt. Neben dem Volleyball ist Tabea auch für jede andere Aktivität zu haben. Egal ob eine kurze Wanderung auf den Berg oder eine Joggingrunde durch den Steinbruch geplant ist, überall ist Tabea dabei. Wenn es um Tanzen geht, kann niemand mit Tabea mithalten. Läuft irgendwo die richtige Musik, sieht man sie schon im Takt mitwippen, ihre Arme mitschwingen und dann braucht es auch nicht mehr lange bis sie loslegt. Bei den regelmäßigen kleinen Partynachmittagen mit den Kids im Kinderdorf, haben sich die Kinder schon einige Moves abgeguckt. Beim nächsten Mal shuffelten einige schon durch die Festhalle, während anderen noch am üben waren. Den Makarena-Tanz, den Tabea ihnen gezeigt hatte, konnten natürlich alle noch. Und auch sonst: 

„Freue ich mich, am Montag wieder zurück ins Kinderdorf zu kommen und endlich alle Kinder wiederzusehen.“ – sagte sie montags, als sie einige Kinder wieder angerannt kommen sah.

Hanna

Redefreudig, ehrgeizig, offen und durchweg positiv. Diese Adjektive beschreiben Hanna wohl am besten. Hanna arbeitet im Kinderdorf Kitwiru und an der Ipogolo Secondary School. Dank Hanna klingt des Öfteren die Musik einer Querflöte durchs Kinderdorf.  Sie setzt ihre Kreativität nicht nur beim Basteln mit den Kindern im Kinderdorf ein,  sondern auch wenn es um die Visualisierung von Lerninhalten im Computerunterricht geht, werden große bunte Plakate von ihr gestaltet. Wenn ein Computer mal nicht funktioniert, wird er im Handumdrehen wieder funktionstüchtig gemacht. Hannas Kontaktfreudigkeit zeigt sich zum einen an ihrem sehr gutem Verhältnis zu den Lehrern,  aber auch am Wochenende, beim Volleyball oder in der ISF Church, wurden schon einige gute Bekanntschaften geschlossen. Auch wenn es in Tansania keine Trampoline gibt, kann sich Hanna beim wöchentlichen Volleyball, beim Laufen oder dem gelegentlichen Touch Rugby auslasten. Es ist dabei kein Wunder, dass  bei ihrem hohen täglichen Joghurt- und Mango-Konsum, so viel Energie für Sport vorhanden ist. Für einen Hauch von Heimat sorgt Hanna außerdem, wenn sie mal wieder einen Kuchen, Kekse oder Brötchen im Nusu für die Freiwilligen backt. Dabei ist neben dem Keks-Duft auch immer gute Laune und positive Energie in der Luft.  

Dominic 

Dominic, 18 Jahre alt und der Entdecker unter den Freiwilligen, welcher inzwischen unter dem Namen Dompo bekannt ist. Dieses Jahr tritt er in der ersten Generation seinen Freiwilligendienst an der Cagliero Girls Secondary School an, wo er sich zwischen den Mädchen sehr gut schlägt. Er ist naturwissenschaftlich sehr interessiert und begabt, so dass er beim Reparieren der Computer viel ausprobieren und herausfinden kann und es ihm Spaß bereitet, wenn er wieder mal den Fehler gefunden hat und stolz berichtet, wie man jetzt weiter vorgehen kann. Daran erkennt man auch seinen Ehrgeiz. Sein naturwissenschaftliches Interesse ist außerdem oft Grundlage für angeregte Diskussionen mit unserem Küken Julian. Zuhause war er ein großer Fußballspieler. Das ist hier zwar nicht möglich, trotzdem findet er seine sportliche Auslastung in dem zwei Mal wöchentlich stattfindenden Touch Rugby. Außerdem geht er gerne spontan wandern und erkundet dabei unsere Umgebung. Bei den Wandereinheiten oder dem Touch Rugby kommt es oft, zu ungewollten Schrammen und Schürfwunden, was unser Indianer aber locker wegsteckt. Dominic lebt im Hier und Jetzt und genießt jeden einzelnen Moment. Er trifft sich gerne mit anderen Freiwilligen, tansanischen Freunden oder geht am Wochenende gerne in die Bar, um sich im Billiard spielen zu üben. Sein Lieblingsessen hier ist wahrscheinlich Chipsi Majai (Omelette mit Pommes), wo er sich ungemein freut, wenn ich meins mal wieder nicht schaffe und er mehr haben kann.

Eva

Eva Kirchner ist achtzehn Jahre alt, kommt aus Duisburg und arbeitet an der Cagliero Secondary Girls School in Iringa. Im Dream-Team mit Dominic Nieder betreut sie dort den gesamten Computerunterricht.

Wo die anderen Freiwilligen von Generationen an Erfahrung an ihrer Einsatzstelle profitieren können, ist Eva an der neu eingerichteten Stelle auf ihre eigene Lernfähigkeit gestellt. Im Unterrichten, dem Umgang mit den Lehrern und Nonnen und nicht zuletzt dem Reparieren und Einrichten der Computer hat sie sich dabei in kürzester Zeit eingefunden. Ist sie nicht beim Unterrichten, im Büchereidienst, bei der Computerpflege, dem ehrenamtlichen Deutschunterricht der Brüder oder einem anderen ihrer zahlreichen Beschäftigungen fleißig anzutreffen, so schmeißt sie als Herrin des Hauses im Nusu unter der Woche den Laden. Ist Wasser gekauft? Strom abgerechnet? Wenn einer den Überblick hat, dann ist es Eva. Wohlorganisiert und mit hübschen Listen und nötigen Besprechungen bewaffnet bekämpft sie kühn die allgemeine Verplantheit und rettet so immer wieder mal die Gruppe.

Sozial hat sie in Iringa Fuß gefasst und sich mit einer Horde von Nachbarn, Dukenbesitzern und Bekannten angefreundet.

Einige ihrer Leidenschaften, wie das Gewichtheben in dem sie äußerst erfolgreich ist, oder Tennis, musste Eva für dieses Jahr in Deutschland lassen. Neue Talente, wie beispielsweise ihre immense Lust am Kochen, tun sich (auch zu unserer Freude) dafür jedoch auf.

Doch all das beschreibt nur, was Eva tut, nicht wie sie ist. Eva ist die Art Person, die einen gerne nach langer Busfahrt daheim ankommen lässt, mit der man auch mal einen entspannten Tag machen kann, die aber genauso alle mit ihrer Motivation mitreißen kann, wenn sie mal Lust hat rauszugehen. Sie ist witzig, aber verlässlich, rundum angenehm, und wir können uns einfach glücklich schätzen, sie dabei zu haben.

 

Julian 

Julian ist an der Lehrerstelle in Kilolo. Super engagiert meistert er seinen Job als Lehrer an dortigen Secondary School und ist dazu auch noch der große „Kaka“ (Bruder) im Amani Kinderdorf Kilolo.

An der Schule unterrichtet er Mathe in der Form 1. Er muss den Unterricht selbst gestalten, die Schüler planmäßig durch das Curriculum führen sowie auch auf Klausuren vorbereiten, die er dann auch korrigieren muss. Es ist keine einfache Aufgabe, wenn man ca. 60 Schüler pro Klasse hat. Insgesamt hat er ca. 160 Schüler. Jedoch schafft er diese Aufgabe auf kühne Art und Weise. Jedoch macht er noch die Nachhilfe im Kinderdorf wie auch viele andere Sachen wie z.B. den Filmabend.

Vom Charakter her ist er witzig, offen für neue Ideen, sehr gerne auch mal spontan wie auch kritisch und moralisch. Er ist verdammt gut mit Computern, kann dieses aber nur schwer in seinen Job einbringen, wobei die Überlegung besteht, in dem Bereich ein Projekt zu starten. Ein weiteres Projekt, in welches er viel Zeit investiert, ist es, sich über „Piki Pikis“ (so werden hier Motorräder genannt) zu informieren. Sein kleines Projekt ist es, sich ein Piki Piki zuzulegen, das möglicherweise ein Transportmittel für weitere Generationen, die an der Kilolo-Lehrerstelle arbeiten, sein könnte.

Julian, engagiert wie er ist, kann aber nicht nur unterrichten. Er hat, wie alle anderen auch, seine Freizeit.

Julian ist er sehr diskussionsfreudig. Er ist moralisch und vertritt diese Moral mit seinen eigenen philosophischen Argumenten. So stellt er also immer wieder kritische Fragen, die öfters lange ausdiskutiert werden. Er reißt aber auch immer wieder in allen möglichen Situationen Witze. Diese Art der Witze sind jetzt schon ein Merkmal von ihm geworden.

Julian ist ein super wichtiges Mitglied der Truppe. Dank ihm wird vieles Neue ins Nusu eingebracht, vieles wird hinterfragt und nicht bloß akzeptiert, wie es ist; und er ist immer gut für einen Lacher. Er vollendet den Kreis unserer Truppe.

Christin

Dada Christina aus Garmisch-Partenkirchen, nun Schreinerin in Kilolo, ist mit 24 Jahren die älteste in dieser Generation. Für ihre Berufswahl in dieser Männerdomäne (in der sie sich bestens behauptet hat) wurde sie schon mehrfach von überraschten Tansaniern beglückwünscht. Egal ob bei der eigentlichen Arbeit in der Werkstatt, dem Betreuen der Bücherei oder dem Erstellen von Kalkulationen und Abrechnungen zeigt sie viel Engagement und Tatendrang und erledigt alles sehr gewissenhaft und mit einer unerschütterlichen Gelassenheit. Dass sie sich mit dem etwas eintönigen Essen im Kinderdorf ganz gut anfreunden kann, überrascht ebenso sehr wie ihr ausgesprochen gutes Kiswahili. Erfahrungsgemäß tun sich die Schreiner mit beidem etwas schwerer… Da sie zudem ein großes Herz und ein offenes Ohr für jeden hat, ist sie inzwischen Ansprechpartner Nr 1. Im Dorf und erfreut sich überall größter Beliebtheit. In ihrer wohlverdienten Freizeit am Wochenende findet man häufig in der Hängematte liegend im Garten des Nusu. Dort genießt sie die Ruhe mit einem Buch in der Hand und einer Tasse Tee neben sich. Eigentlich ist es sehr schade , dass sie auf lange Sicht nicht unbedingt im Schreiner-Business bleiben will. Das Handwerk braucht mehr solcher Frauen!

Paul

jetzt 21, aus Köln, entspannt, humorvoll, eine entsprungene Werner-Karikatur. Nur was das Essen angeht, übt er sich noch in Genügsamkeit oder schwelgt in Tagträumen von Käsekuchen. Auf jeden Fall ein Thema, das ihm am Herzen liegt. Nicht nur um das Reparieren von Kabelbrüchen und das Austauschen aufgebrauchter Kohlebürsten, auch um die Instandhaltung seines eigenen Motors hat er sich direkt nach Ankunft gekümmert: eine Filterkaffee-Konstruktion aus alten Laken. Konstruktionen basteln im Allgemeinen ist eine weitere seiner Herzensangelegenheiten. Für seine Kreativität im Einsatz der Maschinen wird er von unserem tansanischen Kollegen schon als Ingenieur bestaunt, und auch ich bin sehr froh, von ihm lernen zu können.

Die enorme Ausdauer beim Lesen unserer Büchersammlung sowie die Freude und das Selbstbewusstsein bei der Arbeit in der Werkstatt wünsche ich ihm auch beim Kiswahili-Lernen. 

Aber ich bin mir sicher, so oder so, welchen Weg er auch nach diesem Jahr einschlägt, Paul weiß, was er will und ist zufrieden mit seinen Entscheidungen. Also steht seinem Glück nichts im Wege.