09. April 2013 | Kitwiru
Ein kleiner Schritt für einen Elektriker, aber ein großer Schritt für ein Kinderdorf
Wenn ich nach meinem Besuch in Tansania nach Deutschland zurückkehre und gefragt werde, welche besonderen Eindrücke ich denn von meiner Reise mitbringe, müsste ich sagen: „Ich habe eine Glühlampe leuchten sehen!“ Was sich wie eine Selbstverständlichkeit anhört, ist es in diesem Falle ganz und gar nicht! Denn bis es dazu gekommen ist, ist viel hin und her überlegt, entschieden, revidiert und neu entschieden worden.
Zunächst waren wir uns einig, dass eine Stromversorgung vonnöten ist, wenn unser Kinderdorf zukunftsfest sein soll. In Kilolo hatten wir ein in der Nachbarschaft gelegenes, marodes Wasserkraftwerk wieder flott gemacht und verfügen so über preisgünstigen Strom. In Kitwiru ist diese Möglichkeit nicht gegeben.
Auf der Suche nach Alternativen kommt einem in Afrika sicher auch immer schnell die Solarenergie in den Sinn. Ernüchtert waren wir, als wir uns Kostenvoranschläge eingeholt haben, die unsere Vorstellungen weit überstiegen. Auch konnte uns niemand wirklich garantieren, das Solarenergie eine wartungsarme Lösung ist.
Der Anschluss an das öffentliche Stromnetz schien zunächst nicht attraktiv zu sein: hohe Anschlusskosten und ein geringes Interesse des staatlichen Strommonopolisten Tanesco uns anzuschließen. Aber so ganz auf die lange Bank konnten wir die Problemlösung auch nicht schieben, da das Wasser aus dem öffentlichen Netz nicht ausreicht und wir auf Wasser aus einem gebohrten Brunnen angewiesen sind, das auch nicht mit einer Handpumpe aus dem Erdreich heraufgeholt werden kann.
Als mittelfristige Lösung haben wir dann erst einmal einen Generator angeschafft. Dass dieser aber schon bald sein Leben aushauchen würde, war so nicht vorgesehen.
Mittlerweile war die Idee enstanden, dass wir die benachbarte Schule mit der Ausstattung eines Computerraums und dem IT-Unterricht durch zwei Freiwillige unterstützen könnten, wie wir das an der Pandahill Secondary School in Songwe, Region Mbeya, seit 2008 gemacht haben. Von der Idee, zusammen mit der Stadt Iringa sowohl das Kinderdorf als auch die Schule ans öffentliche Stromnetz anzuschließen, konnten wir unsere tansanischen Vertragspartner bei der Kommune überzeugen, aber von dieser Einsicht aus war es immer noch ein weiter Weg von bis zur Unterschrift eines Vertrages. Und es verstrich ein weiteres halbes Jahr, bis dann endlich die Strippen gezogen wurden und man sehen konnte, dass die Sache voran geht.
Ich hatte immer den Wunsch geäußert, bei meinem Besuch im April Strom im Kinderdorf anzutreffen. Als ich aber bei meiner Ankunft sah, dass der Draht vom öffentlichem Netz zu unserer Verteilerstation noch nicht gespannt war, wusste ich, dass noch keine Glühlampe glühen konnte. Man tröstete mich, dass ich ja insgesamt zwei Wochen da sei. In der Zeit werde noch viel passieren!
Am Freitagnachmittag der Folhewoche (am Morgen drauf würde ich wieder in Richtung Heimat aufbrechen), waren auf einmal alle Funktions- und Würdenträger vor Ort vertreten: der Chefelektriker, unser Bauunternehmer, der für die Leitungen im Kinderdorf zuständig ist, jemand von Tanesco, der Bauamtsleiter, der die Baukontzrolle inne hat, der örtliche Bürgermeister, Mama Lucy und meine Wenigkeit.
Gegen vier Uhr wurde ich gerufen, um Zeuge zu sein, wie die erste Glühlampe brennnt, und….. Nichts! Okay, es wurden erst noch einmal verschiedene Sicherungen überprüft, Schalter umgelegt etc. bis auf einmal – man glaubt es kaum – Licht erstrahlte!
Kleiner Schönheitsfehler: Als man das Licht wieder ausschalten wollte, blieb es an!
Mit wenigen verfügbaren Glühlampen gingen wir dann durchs Kinderdorf, wo wir feststellten, dass die meisten Fassungen funktionierten, aber halt nicht alle. Unser Baunternehmer Aziz Mwalongo, der auch die Leitungen im Kinderdorf gelegt hatte, übernahm die Aufgabe, in den nächsten Tagen alle Leitungen zu überprüfen, was auch schließlich erfolgreich passiert ist.
Die Kinder erfreuen sich daran, dass es jetzt abends hell ist, wobei ein Problem noch nicht gelöst ist: die Pumpe hat nämlich die lange Zeit der Untätigkeit nicht gut überstanden und streikt. Leider hat sich mittlerweile herausgestellt, dass sie nicht zu reparieren ist und auch ersetzt werden muss.
Was auch noch aussteht, das ist der Anschluss der Schule ans Stromnetz. Aber auch da wurde ich während meines Besuches Zeuge, das Strippen gezogen werden. Die Stadtdirektorin, die ich mit dem Dorfbürgermeister und dem Bauamtsleiter aufgesucht habe, bestätigte, dass für diese Aktion Etatmittel zur Verfügung stünden und wir damit rechnen könnten, dass der Anschluss im nächsten Monat erfolgen würde.
Dann können unsere jetzigen Freiwilligen den Computerraum einrichten, so dass die neue Generation gleich loslegen kann, wenn sie im August ihren Dienst antritt.
Ulrich Siepe